Donnerstag, 2. September 2010

Baden-Württemberg hat unter den Bundesländern die Privatisierung im Strafvollzug am weitestens getrieben. Dort gibt es nicht nur ein "teilprivatisiertes" Gefängnis, an dem der "Sicherheitsdienstleister" Kötter beteiligt ist. Schon 2007 wurde die Bewährungs- und Gerichtshilfe und der Täter-Opfer-Ausgleich der "gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung" Neustart übertragen. Das Argument der Landesregierung: Privatisierung spart Kosten.

Wirklich? Der Landesrechnungshof hat sich in seiner diesjährigen Denkschrift mit der Privatisierung beschäftigt und kommt zu folgendem Ergebnis:
Mit dieser Aufgabenübertragung wollte das Land eine Effizienzrendite von 10 bis 15 Prozent erzielen und die Qualität steigern. Tatsächlich ist die Aufgabenerledigung durch einen privaten Träger 47 Millionen Euro teurer als die Eigenbesorgung des Landes. Das Land sollte den Vertrag mit der Gesellschaft kündigen oder zumindest das vereinbarte Entgelt absenken.

Übrigens hat keine Zeitung auf diese Pressemitteilung reagiert.

Unterdessen spielen sich in der teilprivatisierten Anstalt in Offenburg merkwürdige Dinge ab. Angestellte von Kötter, die die Knast-Werkstätten betreuen, begrüßen Gefangene kumpelhaft mit "Abklatschen"und halten sich nicht an die Sicherheitsauflagen, sofern diese die Produktion behindern. Eine Sozialarbeiterin hat angeblich sogar einen Häftling geküßt.
Das wenigstens könnte eine gute Wirkung der Privatisierung sein: dass die von Köter mehr schlecht als recht bezahlten Aufseher sich den Gefangenen weniger überlegen als fühlen die beamteten Schließer mit ihrem Berufsstolz. Kein Wunder - laut einer Anfrage der SPD zu den Zuständen in der JVA Offenburg verdienen sie „teils kaum mehr als 7 Euro“ für eine Stunde Gefängnisdienst.