Donnerstag, 2. Dezember 2010

You want change? You get more of the same! II


Vielleicht sollte ich eine neue Rubrik unter diesem Motto einrichten?

Gina Thomas berichtet für die FAZ über die Schulpolitik der britischen liberal-konservativen Regierung, speziell über deren gerade erschienenes Weißbuch "The Importance of Teaching". Thomas nennt dieses Papier "eine bemerkenswerte Studie"; ich frage mich, warum - auf den 95 Seiten wird nichts studiert, untersucht oder analysiert. Die Regierung legt lediglich ihre Pläne für die nächste Runde der Schulreform dar, und das klingt beispielsweise so:
The evidence from around the world shows us that the most important factor in determining the effectiveness of a school system is the quality of its teachers.

Ok, wenn's sogar weltweit belegt ist. (Diese reichlich pauschale Aussage ist übrigens mit einer Fußnote versehen, die auf die britische Higher Education Statistics Agency Bezug nimmt und auf nicht näher bestimmte "nationale Datenbanken".) Eine gute Zusammenfassung bringt der Guardian, mit der passenden Schlagzeile "Bad teachers out, social mobility in". Die Lehrer und ihre didaktischen Fähigkeiten in den Mittelpunkt der Bildungsdebatte zu rücken, finde ich nicht besonders bemerkenswert, sicher nicht originell.

Aber was hat die Regierung denn nun mit den Schulen vor? Gina Thomas:

Um das Niveau zu heben, werden sich die mit neuen Befugnissen ausgestatteten Schulleiter künftig leichter von ungeeignetem Personal trennen können. In einer dramatischen Abkehr von den politisch-korrekten Auflagen der letzten Jahre sollen Lehrer mit größeren Freiheiten ausgestattet werden und sogar "angemessene Gewalt" anwenden dürfen, um Disziplin im Klassenzimmer wahren zu dürfen.
(...) In der Gestaltung des Lehrplanes sollen Schulleiter ebenfalls unabhängiger agieren. (...) Die Koaltitionsregierung will jeder Schule ermöglichen, ihren eigenen Charakter zu entwickeln und ihr eigenes Ethos zu definieren.

Von der anti-zentralistischen Rhetorik abgesehen - die von den vorigen Regierungen übrigens auch gepflegt wurde - klingt das nach genau dem bildungspolitischen Programm, das schon die US-amerikanischen öffentlichen Schulen ruiniert hat. Wer das nicht glaubt, kann es in Diane Ravitchs "The Death and Life of the Great American School System" nachlesen.