Freitag, 21. September 2012

"Psychische Volkskrankheiten"

Heute ist ein Artikel von mir über die Verbreitung von psychischen Störungen bei Telepolis erschienen. Nebenbei streife ich (zugegebenermaßen ziemlich oberflächlich) die Frage, warum sie häufiger werden, Leiden immer stärker als "Krankheit" begriffen wird und was mit diesem Ausdruck eigentlich gemeint sein soll.
Das seit Descartes beliebte Spiel "Körper oder Geist, Objekt oder Subjekt?" wird niemals langweilig. Zu den Spielregeln gehört, dass der Körper mit Unfreiheit assoziiert wird, während die Gedanken angeblich frei sein sollen. Das entspricht zwar der Arbeitsteilung in den modernen Gesundheitssystemen, die streng zwischen seelischer und körperlicher Behandlung zu trennen meinen. Tatsächlich aber ist jede Krankheit Ausdruck von beidem. Soma und Psyche greifen ineinander.
Laut dem gängigen Verständnis kommt eine Krankheit von außen. Sie befällt den Kranken. Er ist nicht Subjekt seines Leidens, sondern das Objekt von pathologischen Prozessen, die in ihm wirken, aber nicht zu ihm gehören sollen. Man "hat eine Erkältung" oder "Krebs". Der Ausdruck "Ich mache Krebs" klingt komisch.