Mittwoch, 11. September 2013

Warum arbeiten Hacker für die Überwachungsindustrie?

Die IT-Industrie, die Diktatoren mit den Mitteln versorgt, um ihre Bevölkerung auszuspäen und zu kontrollieren, ist auf die Mitarbeit von jungen technisch begabten und computerbegeisterten Leuten angewiesen. Gewisse Hacker wechseln die Seite, dringen erst zum Spaß in möglichst abgesicherte Systeme ein und merken schließlich, dass sich damit Geld verdienen lässt, ziehen den schwarzen Hut ab und werden zum seriösen Sicherheitsberater und dann wieder zurück ... Aber Überwachungssoftware machen, die dann an die turkmenische oder türkische oder gar deutsche Regierung verkauft wird? Wie kommt einer dazu?

Dem Chaos Computer Club ist es gelungen, einen ehemaligen Mitarbeiter von Gamma International aufzutreiben und veröffentlicht ein Interview. Der Mann stammt wie der Geschäftsführer des deutschen Zweigs von Gamma, Martin Münch, aus der Hacker-Szene.
Eines Tages ging eine britische Firma namens „Gamma International“ auf die Gruppe zu: Etwa 2006 fragte das seinerzeit in der Szene wenig bekannte Unternehmen an, ob ein Mitglied dieser Entwicklergruppe zur Verfügung stünde, für die britische Gamma ein technisches „Pene-tration Test Training“ durchzuführen. Hierbei handelt es sich um eine persönliche Schulung von Mitarbeitern größerer und mittlerer Unter-nehmen für aktive Sicherheitsforschung. Solcherlei Anfragen wurden nicht kommerziell bearbeitet, es gab schließlich keine Firma, einzig einen losen Verbund von Hackern. Wenn es um bezahlte Projekte im Rahmen der privaten Projekte ging, haben die Mitentwickler der Linux-Distribution unter sich ausgemacht: Wer gerade Lust und Zeit hatte, konnte sich damit einen Nebenverdienst sichern.
Der Mann, wahrscheinlich muss man ihn einen Aussteiger nennen, macht seine Motive in dem Interview recht anschaulich. Zu diesen gehört: eine Art sportlicher Ehrgeiz.
Das war für einen Hacker mit ausgeprägtem Spieltrieb natürlich ein schönes Projekt. Man hatte Spaß an der Arbeit, und eine alte Idee wurde mit zahlreichen neuen Einflüssen neu erfunden. Über einen langen Zeitraum verteilt kamen dann immer wieder neue Anforderungen an den ursprünglichen Prototypen, welche aus diesem letztlich ein fertiges Werkzeug machten. Am Ende bastelte das Team sogar ein wenig über den Auftrag hinaus an dem Werkzeug, da es eine nette Abwechslung aus dem manchmal recht tristen Arbeitsalltag darstellte und Münch zudem zugesichert hatte, man dürfe mit den eigenen Werkzeugen und Verfahren machen, was man möchte, es also nicht exklusiv sei.